Die Legende von Yuki - Episode 1 "Nächtlicher Besuch"

Started by Eichhörnchen, May 18, 2014, 08:55:00 AM

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Eichhörnchen

Die Legende von Yuki - Episode 1 "Nächtlicher Besuch"



Die Himmelsmenschen haben ein Serum entwickelt, welches es ihnen ermöglicht, ohne Atemmaske auf dem Dschungelmond zu leben, was sich in einer raschen Besiedlung widerspiegelt. Nur bei gefährlichen Exkursionen in den Urwald oder äußerst anstrengenden Tätigkeiten findet der Atemschutz noch Verwendung. Auch im Hausbau und wohnlichen Verhältnissen ändert sich das Leben drastisch. Doch es gibt auch Schattenseiten. Nicht alle Menschen reagieren gleich auf den Impfstoff. Immer wieder kommt es zu Unverträglichkeiten bis hin zu schweren Nebenwirkungen, die dem Betroffenem innerhalb weniger Tage einen qualvollen Tod bescheren.
Dies ist die Erzählung von Yuki, einem Na'vi Mädchen das in jener Zeit aufwächst und ihrer mannigfaltigen Erlebnisse mit den Himmelsmenschen.

( Ein Pandora fernab der ausgetretenen Pfade erwartet euch. Ein anderes ... mein Pandora. Schriftstellerische Freiheit trifft hier auf die Bemühungen, eine möglichst realistische Welt wiederzugeben, wie sie im Film hätte sein können. )

Jede Faser im Körper der jungen Beobachterin war von Anspannung erfüllt. Nur langsam leerten sich die Felder von den seltsamen Fremden, die auf ihrer Welt gelandet waren. Yuki wartete geduldig. Sie hatte Zeit und wenn der richtige Augenblick gekommen war, würde sie ihren Plan ausführen. Hinter ihr erklangen Schritte. Sanft, mehr wie ein Rascheln von Blättern. Sie wusste sofort, wer sich da an sie anschlich und so verspürte Yuki auch keine Furcht. Die angenehme dennoch forsche Stimme bestätigte ihre Vermutungen.
"Was machst du hier draußen, soweit von unserem Lagerplatz? Mutter wird böse, wenn sie erfährt, dass du dich wieder davon geschlichen hast."
Yuki fauchte ihre größere Schwester an.
"Dann sag es ihr einfach nicht!" Einen Moment fixierten sie ihre leuchtenden Augen. Yeena war alles was Yuki immer hatte sein mögen. Hoch gewachsen, mit einem Körperbau als habe die große Mutter sie eigenhändig modelliert. Dazu ihr feines Haar, dass sich spielerisch im Wind bewegte und nie zu verknoten schien. Yuki hasste ihre Haare, ebenso wie sich selbst. Eine Weile starrte sie versonnen weiter auf die Ansammlung der kleinen Farmgebäude, bis ihre Schwester neben ihr aufseufzte. "Also schön, wenn es dein ausdrücklicher Wunsch ist, werde ich unserer sa'nu nichts sagen. Doch jetzt sollten wir wirklich zurückgehen, sonst kommen wir zu spät zum Essen."
Yuki warf einen Blick zum Himmel hinauf. Yeena hatte recht. Fast so schnell, dass man dabei zusehen konnte, verfärbte sich das Firmament. Bald würde die Nacht hereinbrechen und alles mit ihren langen Schatten bedecken.
"Nein, ich komme nicht mit dir. Ich möchte Tim wieder sehen. Bei Einbruch der Dunkelheit schleiche ich mich ins Lager der Tawtute."
Yeenas Hände rissen sie herum, so dass Yuki nicht anders konnte, als ihre Schwester anzublicken.
"Bist du übergeschnappt? Was ist, wenn sie dich fangen? Vergiss den Jungen!"
"Das kann ich nicht! Ich werde vorsichtig sein. Sei ohne Sorge. Im Anschleichen stehe ich unseren Jägern in nichts nach. Bitte, du darfst niemanden etwas davon erzählen. Versprich es mir."
Yukis Augen mussten einen geradezu bettelnden Ausdruck angenommen haben, denn trotz des Ernstes der Situation, fing Yeena an zu lachen.
"Du siehst aus wie ein liebestoller Nantang. Also gut, ich verspreche es dir. Wie willst du über den Zaun kommen? In ihm haust eine seltsame Kraft. Du darfst ihn nicht berühren."
Ungewollt begann Yuki auf ihrer Lippe herumzukauen. Ihre Schwester hatte das angesprochen, worüber sie sich schon die ganze Zeit den Kopf zerbrach. Tim hatte ihr den Durchschlupf gezeigt, welchen er in mühsamer Arbeit geschaffen hatte. Doch war er viel zu klein, um ihn ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Das Graben hätte zu lange gedauert und Yuki verspürte auch keine Lust, im Dreck zu wühlen. Erneut fiel ihr Blick auf Yeena und ein Gedanke blitzte in ihrem Kopf auf und ließ sie nicht mehr los.
"Der Zaun ist nicht besonders hoch. Schaffst du es, mich drüber zuwerfen?"
Ein überraschter Ausdruck erschien auf dem Antlitz des Mädchens.
"Nein Yuki, du bist mir zu schwer. Ich würde mir nur den Rücken verrenken."
Yuki schluckte und dachte an ihr pralles Hinterteil. Gerade wollte sie ihre Schwester zurechtweisen, als ihr ein neuer Plan kam.
"Du könntest dich davor hocken und ich springe über dich. Mit genügend Anlauf sollte es klappen."
"Yuki bitte! Das ist doch sinnlos. Selbst wenn du es schaffst, wie willst du wieder zurückkommen?"
"Darüber mache ich mir Gedanken, wenn ich auf der anderen Seite bin", erwiderte Yuki ungehalten.
"Hilfst du mir nun oder nicht?"
Yeena schnaufte vernehmlich und ihr war anzusehen, wie sehr sie mit einer Entscheidung haderte. Schließlich setzte sie sich und krümmte ihren Rücken.
"Mach dich so leicht wie möglich und beeil dich. Ich muss mich auf den Weg machen, sonst merken sie im Lager etwas und fangen an, nach uns zu suchen."
"Was willst du ihnen sagen, wenn sie nach mir fragen?"
"Mir wird schon etwas einfallen. Pass bitte auf dich auf und komm so schnell es geht wieder zurück, hörst du? Die ganze Sache gefällt mir gar nicht."
Yuki bemerkte den wehmütigen Unterton in der Stimme Yeenas, doch blieb keine Zeit, sich weiter darum Gedanken zu machen. Ohne zögern nahm sie Anlauf und rannte los. Leicht wie eine Feder. Du darfst nicht zu hart auftreten. Unzählige Dinge rasten durch ihren Kopf, während Yeena und der Zaun immer näher kamen. Im nächsten Moment flitzte sie hoch, berührte sanft die Schulter des Mädchens und federte sich ab. Vom eigenen Schwung davon getragen, überquerte sie den Zaun und landete unsanft auf dem kargen Bereich hinter dem die eigentlichen Felder begannen. Ein letzter Blick zurück. Schattenhaft hob sich Yeena vor der Wand des Dschungels ab und winkte ihr zu, bevor sie verschwand. Mittlerweile war es so dunkel, dass Yuki kaum die Hand vor Augen sah. Langsam setzte sie sich in Bewegung. Vor ihr ragten eine Anzahl unscheinbarer Gebäude auf. Sämtliche Häuser glichen sich in ihrer Beschaffenheit, doch das Mädchen wusste, in welchem der Junge zu finden war. Ohne zögern steuerte sie das Farmhaus am Rande der Anlage an. Licht fiel aus einem der Fenster und gedämpfte Stimmen drangen an ihre empfindlichen Ohren. Entschlossen schlich Yuki näher heran und warf einen vorsichtigen Blick hindurch, nur um im gleichen Augenblick zurück zuschrecken. Zwei Himmelsmenschen saßen an einem Tisch, hatten sie aber nicht bemerkt. Wo war nur Tim? Vorsichtig tastete sie sich weiter an der hölzernen Fassade entlang. Wieder ein Fenster. Kleiner und nur schwach drang ein leuchtender Schein nach draußen. Jedes Geräusch vermeidend, versuchte Yuki etwas zu erkennen. Angenehm kühl wirkte das seltsame Material, als sie ihre Nase dagegen drückte. Da war er. Yukis Herz machte vor Freude einen Sprung, als sie Tim erblickte. Er nahm keine Notiz von ihr und starrte vor sich auf ein flimmerndes etwas, für das sie keine Worte fand. Das Mädchen klopfte gegen die Scheibe. Erst sachte und als Tim nicht reagierte deutlich forscher. Im gleichen Moment sah sie, wie der Junge erschrocken aufsprang und ans Fenster eilte. Zwei ungleiche Augenpaare blickten sich an. Das eine voller Neugierde, das andere erfüllt von Unsicherheit.
"Was machst du hier und wie bist du über den Zaun gekommen?" Tim blickte über ihre Schulter und sie nahm an, dass er schaute, ob ihr jemand gefolgt war.
"Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich bin allein."
"Warte einen Moment."
Das Fenster warf einen Lichtreflex als es geschlossen wurde. Doch nur für einen Augenblick. Gleich darauf klappten beide Flügel nach ihnen und gaben einen brauchbaren Durchlass frei. Yuki wartete nicht, bis Tim sie aufforderte und drängte sich an ihm vorbei ins Innere des fremden Gebäudes.
"Das also ist ein Haus. Wie könnt ihr darin leben? Alles ist so eng und dunkel. Schläfst du hier? Ich kann gar keine Sterne entdecken."
"Dafür werde ich aber auch nicht nass, wenn es regnet."
Yuki zuckte nur mit den Schultern und sah sich weiter um.
"Ein lustiger Ort. Was ist das?" Ihr Interesse richtete sich auf einen Gegenstand, den Tim ihr als Wanduhr beschrieb, welche die Zeit anzeigte. Yuki verstand kein Wort und versuchte, dem merkwürdigen Gebilde näher auf den Grund zu gehen. Dabei streifte ihr Schwanz unglücklich über die Ansammlung von Bildern, die sauber aufgereiht auf einem Schränkchen neben der Schlafstatt standen. Mit lautem Klirren vielen einige zu Boden und zersprangen. Zutiefst erschrocken von dem Lärm fuhr sie herum.
"Was war das?"
Bevor sie reagieren konnte, drängte der Junge sie ans Fenster.
"Raus mit dir, schnell! Wenn Onkel Bron dich hier findet, bekommen wir beide mächtigen Ärger."
Yuki spürte Panik aufsteigen. Dass ein Tawtute, noch dazu ein Fremder sie bemerkte, wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Vor der Tür wurden Schritte vernehmlich und eine dunkle Stimme polterte.
"Was ist denn da drinnen los, Junge? Wenn du wieder Unsinn machst, kannst du etwas erleben!"
Yuki sprang und presste sich dicht ins Gras unterhalb des Fenstersimses, genau in dem Moment, als sich die Zimmertür öffnete und heller Lichtschein über sie hinwegflutete.
Eine unsichtbare Faust krampfte sich um ihr Herz und versuchte, es einzudrücken. Unzählige Empfindungen traktierten sie gleichzeitig. In ihren sich überschlagenden Gedanken suchte sie verzweifelt nach einem Ausweg. Yeena hatte recht gehabt. Es war eine dumme Idee gewesen, hierher zukommen, ohne sich um einen Fluchtweg zu kümmern. In diesem Moment kam sich Yuki vor wie ein Skxawng. Über ihr wurde das Stimmengewirr lauter.
"Die schönen Bilder! Räum das weg, bevor sich noch jemand verletzt und dann geh zu Bett."
Beinahe hätte sie aufgeschrien, als ein Schatten auf sie fiel und eine Ladung Splitter herabrieselte. Yuki traute sich kaum zu atmen und reagierte auch nicht, als jeder Laut in der Nähe längst verklungen war. "
Yuki? Wo bist du?"
Der Kopf des Jungen erschien über ihr und ließ sie vor Erleichterung aufstöhnen.
"Du kannst wieder aufstehen. Mein Onkel ist weg."
Unsicher richtete sie sich auf. Alles blieb ruhig auf dem Gelände, nur von der Wand des Waldes her drang vereinzelt der Schrei eines Vogels oder anderen Tieres zu ihnen. Bevor sie etwas sagen konnte, meinte der Junge.
"Ich habe meinem Onkel gesagt, dass ich das Fenster geöffnet habe, weil mir zu heiß war und dabei gestolpert bin."
"Das hat er geglaubt?"
Tim machte eine hilflose Geste.
"Vermutlich nicht. Er denkt ganz sicher, dass ich wieder irgendetwas angestellt habe. Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Vielleicht kommt er noch mal zurück."
Yuki sah sich um. Ein schüchterner Blick in die Augen des Jungen. Sie wusste nicht, wo sie beginnen sollte und druckste herum.
"Ist noch etwas? Ich muss wieder rein, bevor Onkel Bron etwas merkt."
"Ich brauche deine Hilfe."
Endlich war es heraus. Yuki verschluckte sich fast dabei.
Erwartungsvoll sah Tim zu ihr auf.
"Wobei denn? Es ist Abend und eigentlich sollte ich bald schlafen gehen. Morgen ist wieder Schule und danach muss ich meinem Onkel helfen. Es war ein langer Tag und ich spüre jeden einzelnen Knochen."
Statt einer Erwiderung deutete Yuki in die Nacht hinaus.
"Der Zaun. Ich muss irgendwie wieder zurück zu meinem Lager."
"Wie bist du denn darüber geklettert? Er steht unter Elektrizität."
"Elliziet ...?" wiederholte Yuki.
"Lass es. Das Wort ist vermutlich zu schwer. Durch das Metall fließt Starkstrom. Wenn wir ihn berühren, besteht die Gefahr, dass wir sterben."
"Kannst du dich hinhocken?"
"Was? Wofür soll das gut sein?"
"Meine Schwester Yeena hat sich davor gesetzt und ich bin über ihren Rücken gesprungen."
"Wir können es versuchen", sagte er.
Yuki fand, dass seine Stimme wenig zuversichtlich klang. Nervös wartete sie, bis Tim vor dem Zaun Platz genommen hatte. Erste Zweifel machten sich in ihr breit. Er ist zu klein. Ich werde es nicht schaffen. Die Angst entdeckt zu werden, ließ sie schließlich alle Bedenken über Bord werfen. Wie zuvor bei Yeena nahm sie Anlauf und wollte sich über Tims Schulter abfedern. Schon im ersten Ansatz scheiterte der Versuch. Stöhnend sackte der Junge ein. Yuki verlor mit den Armen rudernd das Gleichgewicht und fand sich auf ihm liegend wieder. Unter ihr hörte sie seine keuchenden Atemzüge.
"Yuki ... geh von mir ... runter ... bitte! Du ... bist ... zu schwer!"
"Jetzt klingst du wie Yeena", sagte sie auflachend und sprang auf die Füße.
"Tut mir leid, Tim, das wollte ich nicht. Aber ich muss irgendwie nach Hause."
"Schon gut", kam es schnaufend, als Tim sich wieder aufrappelte. Stille lag über den weitläufigen Feldern und stand im Gegensatz zu der Geräuschkulisse des Dschungels, die ihr so sehr vertraut war.
Yuki fiel auf, wie der Junge angestrengt auf etwas starrte.
"Was hast du?"
"Der Schuppen. Onkel Bron lagert darin sein Arbeitsgerät. Dort gibt es auch Leitern. Ich bin ein Idiot, nicht gleich auf die Idee gekommen zu sein. Hilf mir. Du bist viel kräftiger als ich."
"Ich denke, wir dürfen nichts an den Zaun stellen?"
"Das brauchen wir auch gar nicht."
Neugierig folgte sie ihm.
Tim öffnete den schweren Verschlag.
"Nimm du die Fässer. Ich folgte dir mit der Leiter."
Ohne zu zögern packte das Mädchen eine der Regentonnen und Tim staunte, wie leicht sie das Gewicht bewerkstelligte.
"Wenn du die aufgestellt hast, holst du gleich die andere. Dann können wir es versuchen." Bald darauf standen die Fässer vor dem Zaun, während auf ihnen das Gewicht der angelegten Leiter ruht. Misstrauisch beäugte Yuki die Konstruktion.
"Wird sie mich halten? Sie sieht so zerbrechlich aus."
"Mit Sicherheit! Das ist Metall. Du müsstest schon Titanenkräfte haben, um sie zu zerstören."
"Was sind Titanen?"
Tim sah sie belustigt an.
"Wesen aus alten Sagen. Vielleicht erzähle ich dir bei Gelegenheit mal eine darüber."
"Das wäre schön", rief Yuki aus, während ihre Ohren vor Freude und Aufregung zuckten.
"Ich danke dir, Tim."
"Warte. Eines möchte ich noch von dir wissen."
"Was denn, Tim?"
"Na, warum du überhaupt nachts in unser Lager geschlichen bist."
"Um dich wieder zu sehen. War das verkehrt?"
Tim zögerte unter ihren aufmerksamen Blicken mit der Antwort und spürte, wie seine Wangen anfingen zu brennen. Das hatte auch noch kein Mädchen je zu ihm gesagt.
"Nein, war es nicht. Trotzdem, du solltest in Zukunft vorsichtiger sein."
"Das werde ich."
Einer Eingebung folgend strich sie mit den Fingern durch sein dichtes Haar.
"Was wird aus den Sachen? Du wirst sie nicht allein zurück schaffen können."
"Mach dir keine Gedanken. Mir wird schon etwas einfallen." Er verzog das Gesicht zu einem Grinsen.
"Also dann. Pass auf dich auf und lass dich nicht von einem Nantang beißen."
Yuki trat vorsichtig auf die Leiter, immer in der Furcht, dass sie, wie der Junge, einfach unter ihr zusammenklappen würde. Doch nichts dergleichen geschah.
"Bist du bereit Yuki? Ich halte sie fest."
Sie nickte erleichtert und ging zurück, um Anlauf zu nehmen. Ein kurzer Spurt. Die Sprossen erzittern unter ihren Tritten. Rasend schnell kam der Zaun heran. Yuki sprang. Hinter ihr erklang ein begeisterter Aufschrei, dann rollte sie sich schon auf dem dichten Moos ab.
"Geschafft! Ich habe es wirklich geschafft!"
In respektvollem Abstand wartete sie, bis Tim heran war.
"Irayo ma Tim."
"Sehen wir uns morgen wieder?"
Yuki wirkte überrascht, aber nur für einen Moment.
"Ich weiß nicht."
"Ich kann zu dir kommen. Zu den Büschen, wo wir uns das erste mal getroffen haben. Für mich ist es kein Problem, unter dem Zaun durchzukriechen."
Seine Antwort erinnerte sie an etwas.
"Findest du mich zu dick, Tim?"
"Nein, du siehst super aus." Im gleichen Moment blickte er sie unsicher an.
Yuki begann schallend zu lachen.
"Irayo. Nun muss ich aber wirklich zurück. Mich erwartet bestimmt schon mächtiger Ärger. In dieser Hinsicht, ist meine Sa'nu deinem Onkel sehr ähnlich." Yuki verzog lächelnd die Mundwinkel, hob die Hand zur Stirn und spurtete davon.
Eine Weile sah Tim ihr nach, bis ihre Umrisse im Dunkel der Nacht verschwanden. Nachdenklich kehrte er zum Haus zurück. Die Leiter konnte warten. Onkel Bron würde sich vermutlich wieder wahnsinnig aufregen, aber keine Erklärung dafür finden, wie der Junge die großen Fässer bewegt hatte.

Yuki raste dem nahen Urwald entgegen, wobei zahlreiche Gedanken durch ihren Kopf schossen. Ihre Sa'nu, Yeena, Tim ... alles wirbelte wild durcheinander. So bemerkte sie auch nicht, wie ein Schatten sich zwischen den Bäumen löste und nach ihr griff.
"Yeena!"
Erschrocken starrte sie in die strahlend gelben Augen ihrer Schwester.
"Was machst du noch hier? Ich dachte, du bist längst im Lager!"
"Da war ich auch und du kannst dich glücklich schätzen, dass unsere Sa'nu so verständnisvoll ist", kam es vorwurfsvoll zurück.
"Ich habe ihr gesagt, dass du Nahrung sammeln wolltest, dich dabei vermutlich hoffnungslos verirrt hast und dass ich eine Ahnung habe, wo du dich rumtreiben könntest. Sie gab mir Gelegenheit, nach dir zu suchen, bevor sie die Krieger losschicken."
"Jetzt halten mich bestimmt alle für einen Skxawng", sagte Yuki betrübt.
"Das haben sie doch schon vorher."
Yuki sah sie erschrocken an, dann hielt sie Yeena drohend einen Finger an die Nasenspitze. Ihre Schwester grinste über das ganze Gesicht. Gerade, als sie Yeena tadeln wollte, sagte das Mädchen.
"Was meinst du, Yuki: Nimmst du mich beim nächsten mal mit?"
"Nein, auf gar keinen Fall!"
"Ach komm schon, bitte! Ich verspreche dir auch, dass ich nichts anstellen werde."
"Ich denke, dich interessieren die Himmelsmenschen nicht?"
Ein vorsichtiges Schulterzucken.
"Irgendetwas muss doch an ihnen sein, wenn sich meine Schwester des Nachts in ihr Lager schleicht."
Yuki leckte sich nervös über die Lippen.
"Es ist nur wegen Tim, hörst du. Er kann so wundervolle Geschichten erzählen. Unsere Lieder kenne ich schon auswendig und es tut gut, etwas Neues zu hören."
Ein verträumter Ausdruck trat in ihre Augen, doch statt wie erwartet wieder Spott von ihrer Schwester zu ernten, sagte sie.
"Unsere Sa'nu hat Unrecht. Meine kleine Schwester ist erwachsen geworden. Du bist kein Kind mehr."
Sie blickte zurück auf die ruhig im Mondlicht liegende Ansammlung von Hütten.
"Nein", dachte Yuki, "ich bin kein Kind mehr."


Ende

Copyright 2014 Eichhörnchen
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Ricardo

Ein wirklich schöner Beginn einer neuen Erzählreihe deinerseits, liebes Nagetier. ;)

Besonders
Quote( Ein Pandora fernab der ausgetretenen Pfade erwartet euch. Ein anderes ... mein Pandora. Schriftstellerische Freiheit trifft hier auf die Bemühungen, eine möglichst realistische Welt wiederzugeben, wie sie im Film hätte sein können. )
lässt mich voll Spannung auf die nächste Veröffentlichung zurück.
Denn das liest sich so, als wolltest du die uns vertraute Welt von Pandora so abändern, dass sie eher deinen Vorstellungen entspricht, aber wiedererkennbar bleibt, und so uns allen neue Wege öffnet.
Da gerade deine Kreativität keine Grenzen zu kennen scheint, freut es mich sehr, dass du uns mit auf diese neuen Wege nehmen willst und ich bin jetzt schon voller Vorfreude zu sehen, wohin die Wege führen werden.

Ein Nüsschen für dich ist selbstverständlich, denn der nächste Winter kommt bestimmt.  ;D

Tsu'tey

Eine schöne Geschichte aufjedenfall, mal etwas völlig anderes die Menschen können auf Pandora normal atmen, sowass gefällt mir das macht einen guten Schreiber aus! Habe deine Story noch gestern Abend im Zug gelesen, und war überrascht und gefreut hat es mich auch sehr. Ich hoffe natürlich sehr das man auch noch mehr, von den Na'vi zu hören bekommt auch aus dem Heimatbaum usw. das würde mich jedenfalls sehr freuen.

Das bis dahin erstmal von mir, bin sehr gespannt auf das nächste Kapitel!

Ich bleibe in Erinnerung. Ich habe mit Toruk Makto gekämpft. Und wir waren Brüder. Und er war mein letzter Schatten.

Tìtstewan

Ich kann mich meinen beiden Vorpostern anschließen. :D

Es ist schön mal ein Neustart zu lesen, plus kleine Neuerungen wie Menschen können Pandoras Atmosphäre atmen. :)
Die geschichte verspricht sehr interessant zu werden, und es hat auch einiges an potenzial, besonders mit der künstlerischen Freiheit. Ich freue mich schon auf die nächste Episode.

Einzig Kleinigkeiten sind mir aufgefallen.

Natürlich ist eine Nusslieferung unterwegs. ;)

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Ricardo

Quote from: Tìtstewan on May 19, 2014, 09:53:46 AM
"Irgendetwas muss doch an ihnen sein, wenn sich meine Schwester des nachts in ihr Lager schleicht." "des" sollte raus.

Warum?
Das ist doch ein schöner Ausdruck.

Tìtstewan

#5
Quote from: Ricardo on May 19, 2014, 03:03:37 PM
Quote from: Tìtstewan on May 19, 2014, 09:53:46 AM
"Irgendetwas muss doch an ihnen sein, wenn sich meine Schwester des nachts in ihr Lager schleicht." "des" sollte raus.

Warum?
Das ist doch ein schöner Ausdruck.
Weil ich so eine Konstruktion noch nie gelesen habe und weil "nachts" ein Adverb ist wo der Genitiv-Artikel "des", mMn. nichts zusuchen hat.
"Irgendetwas muss doch an ihnen sein, wenn sich meine Schwester des nachts in ihr Lager schleicht."
Was soll "des" zwischen "Schwester" und "nachts" bedeuten oder auf was bezieht sich es? :-\

EDIT:
Die meisten Leser würden daran hängen bleiben. Zudem klingt der Satz dann komisch. Lässt man "des" weg, ist der Satz wieder in Ordnung, zumindest im heutigen Deutsch bzw, wie mir mein Deutschlehrer das so eingetrichtert hat.
Übrigens:
Synonyme:

    [1] des Nachts (sic!); nachtüber; zwischen Uhlenflucht und Hahnenkraht
...solltest du "Nachts" groß schreiben, sonst ist es ein Adverb.

Aber es bleibt der Wille des Autors, sein Werk so zu schreiben, wie er es mag. Ich kann nur Vorschläge unterbreiten. :)

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Ricardo

Des Nachts ist doch ein üblicher Ausdruck.
Vielleicht nicht täglich verwendet, aber bekannt. Es gibt doch auch solche Sätze wie "Sie gingen ihrer Wege" oder "Er wurde seines Lebens nicht mehr froh", die schon in eine ähnliche Richtung gehen.
Aber das kann man vielleicht woanders weiter diskutieren. Hier soll es um die schöne Erzählung um Yuki gehen.

Tìtstewan


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Neytiri2000

Kalkxí ma Eichhörnchen  :D

eine sehr schöne kleine Kurzgeschichte   ;)

war wie immer flüssig und Fehler konnte ich auch nicht entdecken, großes Lob ( Gibt wieder ne nuss )  ;D

freu mich schon auf die weiteren Episoden  :-[  ;D

Lg Neytiri2000
Zitate:

Jake Sully: Ich möchte kein Mitleid, wenn du Fair behandelt werden willst, bist du auf dem Falschen Planeten.

Yaknun

Hallo ma Hörnel,
nach längerer Abstinenz führten mich meine Schritte wieder einmal in den geliebten Kelutral und hier ohne Umwege direkt zu Deiner schönen neuen Geschichte.
Schon der erste Satz ist wie ein Paukenschlag. Er birgt sowohl die atemberaubende Neuigkeit in sich, daß die Erdlinge ohne Maske auskommen (können) als auch die bedrohliche Aussage, daß eine Folge die rasche Besiedlung ist... DAS läßt Unannehmlichkeiten für die Na'vi vermuten  :o

Das Lesen war, wie könnte es anders sein, wieder ein Genuß! Viele Sätze und Formulierungen lassen einen erfreut schmunzeln. Nicht nur Yuki's Anmerkung, Eywa hätte den Körper ihrer Schwester modelliert - auch Sätze mit "... des nachts ..." u.a. begeistern mich.
(nicht inhaltliche) Anmerkungen sind per PM unterwegs.

Was Kritiken angeht, fällt mir spontan das alte Sprichwort "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen" ein - siehe Thema Groß- und Kleinschreibung  ;D :D :-*

PS: eben sehe ich, daß es bereits drei weitere Folgen gibt...  :) ;) :) ;) :D
Neytiri:
"Sie leben, Jake, in Eywa"

alt, aber
vernarrt in AVATAR
...


Eisbärchen

#10
Huhu

Bin auch mal wieder zum lesen gekommen. Yuki ist fantastisch dargestellt.
Werde mir die Tage, die anderen Teile vornehmen. Du hast wirklich Einfälle. Top