RDA: Der Anfang

Started by Ningey, February 21, 2012, 08:50:12 PM

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Ningey

Los Angeles, Konzernzentrale der RDA
Aktuelles Datum: 25.08.2154
Wetter: Schwere Gewitter, Wind: WSW mit 102 km/h nebst Tornadowarnung durch die NOAA

John Smith schaute von seinem Computerterminal auf und schaute über das Lichtermeer von Los Angeles. Der Wind pfiff um den Wolkenkratzer, in dem sich die Konzernzentrale der RDA befand, herum und versetzte ihn in Schwingungen, die man hier im siebzigsten Stockwerk deutlich spüren konnte. Wiederholt zuckten Blitze über den Himmel, und das Pfeifen des Windes wurde von Donnerschlägen, die den Blitzen in mehr oder minder großem zeitlichen Abstand folgten, übertönt.
Dann wandte sich Smith wieder den Berichten zu, die auf dem Bildschirm seines Computers zu sehen waren, und sein Gesicht verfinsterte sich.
Dieser Idiot von Selfridge hat es doch glatt geschafft, sich die Butter von diesen primitiven Wilden vom Brot nehmen zu lassen, und dieser Trottel Quaritch hat es nicht geschafft, diesen Wilden den Garaus zu machen, dachte er mißmutig. Jedenfalls war die Meldung von der Venture Star eindeutig, als sie sich auf den Rückweg gemacht hatte.
Zudem mußten sie höllisch aufpassen, daß sie die Erde nicht verfehlten, da sie leider außerhalb des vorgesehenen Abflugsfensters hatten starten müssen – eine einzige unbedachte Operation, und sie verfehlten das Sonnensystem und flogen ins Nirwana! Zudem blieb unter dieser Prämisse zu hoffen, daß der Treibstoffvorrat für die notwendigen Beschleunigungs- und Korrekturmanöver ausreichte.

Unvermittelt wurde es taghell über Los Angeles, und dem Blitz folgte ein besonders lauter Knall, so daß die Glasfront des Wolkenkratzers wackelte. Das Licht in dem Büro flackerte kurz, und der Bildschirm des Computers wurde schwarz.
Ein Piepsen einige Sekunden später verriet, daß der Rechner ob der Stromschwankung anscheinend abgestürzt war und jetzt neu bootete.
Verdrießlich schaute John Smith aus dem Fenster, und insgeheim verfluchte er das Gewitter, das draußen tobte.
Zwar hatten sich die Wetterverhältnisse ob der globalen Erwärmung in den letzten zwei Jahrhunderten zusehends verschärft, aber er konnte sich nicht erinnern, daß es jemals so schlimm gewesen war wie derzeit. Dies hier war mit Abstand das schlimmste Gewitter, das er bisher erlebt hatte, alleine schon ob der orkanartigen Stürme, die mit diesem einhergingen.
Schulterzuckend wandte er sich von dem Schauspiel draußen ab – hier in seinem Büro konnte ihm der saure Regen nichts anhaben – und widmete sich dem Studium der Berichte von der Venture Star, die gestern in der Zentrale aufgelaufen waren.

Von einem Überläufer war darin die Rede, und zwar sollte dieser Marine, den sie vor etwa sechseinhalb Jahren auf die Reise nach Pandora geschickt hatten, die Seiten gewechselt und für die Na'vi gekämpft haben, welche überraschenderweise den Sieg in dem folgenden Krieg davongetragen hatten.
Und dieser Kerl hatte daraufhin nichts Besseres zu tun gehabt, als die RDA hochkant von Pandora runterzuwerfen! Einzig einigen dieser vertrottelten Wissenschaftler war es offenbar gestattet zu bleiben.
Insofern war, was diesen Marine betraf, das letzte Wort noch nicht gesprochen!
Jetzt galt es, irgendwen dorthin zu bekommen, der sich dieses Problems annahm. Vielleicht versetzte es diesen verlausten Wilden ja einen entscheidenden Schlag, wenn ihr Idol eliminiert wurde, zumal sich noch ein anderes Problem ergab: Ob des übereilten Abzugs der RDA mußten sie unglücklicherweise einige Sachen zurücklassen, die für die RDA von besonderer Bedeutung waren. Von daher blieb nur zu hoffen, daß sie diesen Wilden nicht in die Hände gerieten. Denn mit geeigneter Unterstützung, über die sie auf jeden Fall verfügten, wären sie auf einmal brandgefährlich, und dann wäre es endgültig aus mit dem Unobtaniumabbau.

Also galt es, hier etwas zu tun, und das schnell!
Doch just in dem Augenblick, als Smith zum Telefonhörer griff, wurde es wieder taghell, und der Donnerknall folgte direkt im Anschluß.
Einige Male flackerte die Beleuchtung des Raumes, dann wurde es dunkel, und der Computer fuhr erneut unkontrolliert herunter.
Draußen erloschen nach und nach die Lichter von Los Angeles.


"Sawtute ke tsun nivume - fo ke kerame!"
-- Neytiri te Tskaha Mo'at'ite

"There are two things that are infinite: Human stupidity and the universe. However, I'm not yet sure about the universe."
-- Albert Einstein

"He who gives up freedom for security deserves neither and loses both."
-- Benjamin Franklin

Ricardo

Tatsächlich war es nun soweit.
Nachdenklich saß Ryan Evans auf dem Bett in seinem kleinen Einfamilienhaus am Stadtrand von Los Angeles. Er wohnte dort alleine, so war es schon immer gewesen. Ernsthafte Beziehungen hatte er nie über einen langen Zeitraum gehabt. Manchmal fühlte er sich alleine, wenn er niemandem im Haus antraf oder Familien in der Nachbarschaft beobachtete, aber andererseits genoss er die Freiheiten, die ihm sein Lebensstil ermöglichte. Er ging leidenschaftlich seiner Arbeit als Universitätsprofessor nach, bis er von der RDA verpflichtet wurde. Seit seiner Ausbildung stand er auf Abruf. Er wusste, dass jeder Tag an der Uni der letzte sein konnte und plötzlich war es genau so.
Soeben war er telefonisch benachrichtigt worden, dass er schnellstens zur Firmenzentrale der RDA kommen sollte, um sich dort auf seine Abreise vorzubereiten. Die Stimme der Frau am Apparat war freundlich, aber bestimmt, wie man es von Telefonistinnen kennt.
Ryan hatte sich nie wirklich damit beschäftigt, wie sich jener Moment anfühlen würde. Es erschien ihm alles wie eine weit entfernte Möglichkeit, die eintreten konnte oder auch nicht. Dieser Irrglaube hatte sein Ende gefunden. Sich streckend erhob sich Ryan von seinem Bett und schüttelte dabei alle Unsicherheit ab. Er hatte nicht unterschrieben, um im letzten Moment zu kneifen. Und er hatte schließlich schon Vorbereitungen getroffen, die er im Laufe des restlichen Tages abarbeitete. Seine Sporttasche mit den privaten Besitztümern, die er mitnehmen wollte, packte er in den Kofferraum. Dann steckte er den kleinen Stapel Abschiedsbriefe in den Briefkasten. In jedem erklärte er kurz seine Entscheidung, warum er gehen wollte und legte ein Foto von sich als Erinnerung bei. Es zeigte ihn mit zwei seiner ehemaligen Studenten beim Windsurfen. Die beiden erhielten auch Briefe. Die Universität bekam auch einen solchen Brief, nur dass ihm ein Kündigungsschreiben beigelegt war, das die RDA für Ryan vorbereitet hatte. Nur seine Eltern bekamen keinen Brief zugeschickt. Sie würde er noch als letzte persönlich besuchen fahren.

Die letzte Nacht verbrachte Ryan noch einmal am Strand. Er legte sich so hin, dass die ankommenden Pazifikwellen ihm immer wieder die Beine kühlten. Dabei beobachtete er die Sterne und fragte sich, wie der Sternenhimmel wohl an seinem neuen Wohnort aussah. Die leeren Bierflaschen, die im Kreis um Ryan lagen, halfen ihm nachzudenken. Ihm wurde immer mehr bewusst, dass das keine seiner kleinen spontanen Entscheidungen war, die ihm am Leben hielten, wie spontan im Hauptverkehr die Fahrtrichtung zu ändern, sich mit gefährlichen Tieren auf Tuchfühlung zu begeben oder einfach mal ein philosophisches Gespräch mit Obdachlosen zu beginnen.
Als Ryan die Flasche erneut ansetzte und nur sandiges Meerwasser mit Spuren von Alkohol zu schmecken bekam, wusste er, dass es Zeit war aufzubrechen.

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Später als erwartet kam Ryan kurz nach Einbruch der Dunkelheit in Las Vegas an.
Der Abschied von seinen Eltern hatte länger gedauert, als er es beabsichtigt hatte. Sie hatten auf die Nachricht verständlicherweise sehr überrascht reagiert und alles versucht, Ryan von seinem Vorhaben abzubringen, doch es half nichts. Die Entscheidung stand fest. Ryans letzte Tränen waren auf der staubigen Schnellstraße vertrocknet, noch ehe sie den Boden berühren konnten.
Las Vegas - ein finsteres Loch. Das war es schon immer gewesen, aber jetzt besonders. Zuerst verfiel das Glitzermeer der Glücksritter, dann zerbrach die Legende davon und schließlich blieb nur eine brummende Großstadt, die sich im eigenen Elend wälzte. Trotzdem nutzte die RDA hier ein Kongresscenter, um seine nächste Staffel Weltraumhelden willkommen zu heißen.
Dafür sparte man weder Kosten noch Mühen. Wie in guten alten Zeiten kam sofort ein junger Mann in rotem Jackett, um Ryans Wagen für ihn zu parken. Überall lächelten alle und waren überbetont freundlich. Die nicht lächelnden und leicht orientierungslosen Leute waren eindeutig andere Neuankömmlinge.
Nachdem Ryan sein Zimmer beziehen konnte, begann die Eröffnungsrede.

Ein Mann, der nach einer Mischung aus Bürohengst und freundlichem Kerl von nebenan aussah, ergriff das Wort. Er hieß alle willkommen und teilte ihnen mit, was die kommenden Tage bringen würden. Neben gesundheitlichen und psychologischen Abschlusstests und einigen letzten Einweisungen sowie individuellen Sonderkursen war zu erahnen, dass sich viel firmeninterne Propaganda darunter befinden würde. Das Überraschendste war jedoch, dass der Abflug schon in einer Woche bevorstehen sollte.
Ryan fiel auf, dass der Mann sich trotz seines selbstsicheren und kumpelhaften Auftretens immer wieder nervös umsah. Das lag daran, dass ein Großteil des Firmenvorstands hinter der Bühne alles mitverfolgte. Das Projekt, dass sie da starteten, war für sie überlebenswichtig und nichts durfte schiefgehen.

Müde ließ sich Ryan abends in sein Bett fallen.
Auf dem Weg zum Zimmer hatte er George Caple kennengelernt, der nur drei Türen weiter wohnte. Er hatte eine ähnliche Vergangenheit wie Ryan aufzuweisen und war ihm auf Anhieb sympathisch.

fpomä'itan

George Caple - in Gedanken

Caple hatte die Rede des RDA Angestellten hinter sich gebracht . Er war schon einige Tage vorher im Kongresscenter hier mitten in der Wüste von Nevada in der Stadt der Sünden angekommen und hatte sich auch schon einige der mehr oder weniger bekannten Orte.
Unter anderem hatte er den weltberühmten Caesars Palace - eine der letzten Bastionen der Glücksspielindustrie - besichtigt. Eins der edelsten Hotels der Stadt, auch wenngleich es anzumerken gilt, das er nur ein Nachbau seines Namensvetters war. Die Säulen am Hauptgebäude glänzten Tag als auch Nacht in einem Mondsilbernen- fast undefinierbar schönen Farbton und vor dem prunkvollen Portal des Zockerpalasts war ein künstlich geschaffener See angelegt worden.
Der Kernbereich des neuen Caesars war dem Geldadel, der Elite der Erde vorbehalten und Gerüchte machten sich in der Stadt breit, dass auch ein bedeutender RDAler dort sein sprichwörtliches Unwesen trieb.
Die vom Hauptkomplex abgeschirmten Spielhallen waren hingegen für jedermann zugänglich. Natürlich gab es auch hier Unterteilungen. Während der augenscheinliche Pöbel um ein paar Groschen fünfzig spielten waren einige Etagen weiter oben Spieltische für die Superreichen aufgestellt worden.

Der Doktor der Naturwissenschaften sah den Caesar als ein Sinnbild der Gesellschaft. Die Leute ganz unten spielten im glauben gewinnen zu können – was einigen von ihnen zweifellos aus gelang – verstanden aber nicht das sie nur geschickt durch die Chance auf einzelne Preise geködert wurden um so ihr Geld in die Automaten zu werfen. Weiter oben warfen die Reichen in ihrer Arroganz mit Geld um sich und schienen sogar noch damit prahlen zu wollen, wie viel Verlust sie hinnehmen konnten ohne eine verletzte Mine zeigen zu müssen.
Die einzigen Gewinner Allerdings waren wie üblich waren nicht etwa das vom Zerfall bedrohte System nein! Es waren die Betreiber des Systems die das sinkende Schiff abpassten und zum besten Zeitpunkt verließen.
Zumindest war es das tiefsinnigste das ihm auf die Schnelle eingefallen war.

Er lag auf seinem Bett und hoffte stark nicht noch eine Ansprache eines dressierten Äffchens mitanhören zu müssen.
Ich habe verdammt nochmal einen Doktortitel... als wüsste gerade ich nicht um was es ging.
Um fair zu bleiben musste Caple sich selbst eingestehen, dass er nicht genau wusste wofür die RDA ihn genau einsetzen wollte. Vermutlich hatte es irgendwas mit Avatarbiologie zu tun. Das lag zwar eigentlich schon fast auf der Hand. Konkret darauf angesprochen wurde er aber bislang nicht.

Ningey

Las Vegas, Caesar's Palace
Aktuelles Datum: 20.09.2154, 14:33 MST
Wetter: Wolkenloser Himmel bei 40°C im Schatten, Wind: Es ist windstill. Smog-Alarm der höchsten Stufe

Martin Dravis ließ sich in der klimatisierten Suite des Caesar's Palace, die er derzeit bewohnte, in den Sessel, der vor einem niedrigen Tisch stand, fallen und wandte sich dem Computerterminal, das dort stand, zu. Das Radio spielte leise im Hintergrund Jazzmusik, die aus einer längst vergangenen Zeit stammte, von einem gewissen Louis Armstrong. Ddabei konnte man wenigstens problemlos entspannen, im Gegensatz zu dem Palaver, das allgemeinhin als Nachrichten bezeichnet wurde, aber von der RDA gerne schöngefärbt wurde, respektive dem fälschlicherweise als Musik bezeichneten Gequietsche, das er normalerweise als Lärm bezeichnete und für das er normalerweise den Urheber wegen Ruhestörung verklagt hätte.
Rasch meldete er sich unter dem Gastlogin, den er für den wahnwitzigen Preis von fünfzig Dollar die Stunde bekommen hatte, am System an, wobei er über den Preis nicht weiter nachdachte. Das mochte zwar ein gepfefferter Preis sein, aber wer hier abstieg, hatte ohnehin Geld wie Heu, oder aber die Kosten wurden als Spesen verbucht.
Dravis zuckte kurz mit den Schultern und rief die Seite der RDA auf, woraufhin sogleich das Logo der Firma in dem sich nun öffnenden Fenster erschien.
Rasch hatte er sich dort angemeldet und stellte erfreut fest, daß eine Antwort auf seine Nachricht, die er gerade zwei Stunden zuvor gesendet hatte, eingetroffen war.

Als er diese überflog, stahl sich ein gehässiges Grinsen auf sein Gesicht. Wie es schien, ließ sich das Problem mit dem Verräter, der ihnen den Rauswurf von Pandora eingebrockt hatte, im Nachhinein doch noch lösen. In spätestens sechs Jahren – vielleicht auch noch ein wenig länger – dürfte dieses Problem mit Sicherheit gegessen sein, und dann sollte einem weiteren Abbau des Unobtaniums nichts mehr im Wege stehen.
Und auch das Problem mit den Na'vi sollte sich in dem Zuge sehr elegant lösen lassen...

Jetzt galt es nur noch dafür zu sorgen, daß niemand sonst etwas witterte, insbesondere diese Eierköpfe, die sie mitnehmen sollten, durften nichts spitzkriegen.


"Sawtute ke tsun nivume - fo ke kerame!"
-- Neytiri te Tskaha Mo'at'ite

"There are two things that are infinite: Human stupidity and the universe. However, I'm not yet sure about the universe."
-- Albert Einstein

"He who gives up freedom for security deserves neither and loses both."
-- Benjamin Franklin

Ricardo

Nach der Diskussion im Forum mache ich einfach mal weiter und hoffe, den Stein wieder ins Rollen zu bringen.

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Ryan wurde in den kommenden Tagen klar, warum der Vertrag so früh unterschrieben werden musste. In Vorbereitungsseminaren, die sehr normalem Schulunterricht glichen, ging es fast ausschließlich um die Gefahren, die zu erwarten waren und wie man sich dann verhalten sollte. Von plötzlichen Komplikationen während der langjährigen Reise über atmosphärische Unterschiede zwischen beiden Himmelskörpern bis hin zu allen möglichen Gefahren, welche die Umwelt bieten konnte, wurden die Seminarteilnehmer ordentlich erschreckt.
Wenn die unterschwellige Botschaft mal nicht war, dass man sowieso schon mit eineinhalb Beinen im Grab stand, ging es um technische Einweisungen, konzerninterne Personalstrukturen, naturwissenschaftliche Aufbaukurse und immer wieder um "den Ernstfall". Ganz nebenbei gab es immer wieder Hinweise darauf, wie schrecklich teuer das alles sein wird und wie privilegiert sich jeder einzelne Teilnehmer fühlen darf.
Da Ryan den Großteil der Ausbildung schon einmal absolviert hatte und über ein gutes Gedächtnis verfügte, langweilte ihn das alles schnell. Offenbar war nicht jeder so gut vorbereitet wie er.
Er begann, sich mit den Übungslaptops ins Internet einzuhacken, wie es ihm einer seiner Kollegen gezeigt hatte, und verbrachte so die meiste Zeit mit lustigen Videoclips und dem Nachlesen von Lexikon-Einträgen über Pandora.
Da er zusammen mit einigen anderen Biologen intensiv in Toxikologie ausgebildet wurde, vermutete er, dass die RDA, obwohl es bei dem Kurs eigentlich um giftige Pflanzen und Tiere ging, bei der Ankunft dort auf die Schnelle mit der chemischen Keule zeigen wollte, wer der Stärkere ist.
Deshalb lernte Ryan in diesem Kurs immer doppelt. Er folgte den Kursthemen vordergründig, während er im Hintergrund mit dem Laptop nach den entsprechenden Gegenmitteln suchte. Für jedes Anti musste es auch ein Pro geben.
Nicht, dass er mit diesem Vorgehen Probleme hatte, aber als Professor hatte er zu oft mit ansehen müssen, wie unbedarft Menschen mit solchen Stoffen umgehen konnten. Er wollte während einem der ganz sicher auftretenden Notfälle handlungsfähig bleiben.

Eines Tages sollten sich alle Teilnehmer wieder im Kongresszentrum einfinden. Mit einem Projektor wurde das RDA-Logo auf eine Leinwand geworfen. Darunter stand die Zahl 172800. Niemand wusste, warum sie da stand. Bis zur Mittagsstunde derselbe schleimige Typ die Bühne betrat, der schon die Einführungsrede hielt. Er schaute auf seine Uhr und ließ seine Hand über einem Buzzer schweben. Als es genau 12 Uhr war, drückte er den Buzzer und ein Countdown begann zu starten. 172799, 172798, ...

"Meine Damen und Herren", sagte der Sprecher, "sobald der Countdown abgelaufen ist, beginnt Ihre Reise. Es ist alles bereit. Sehen Sie es uns nach, dass wir die Ausgänge bewachen. Wir möchten nicht, dass jemand eine vorschnelle Entscheidung trifft und gehen möchte. Das wäre gegen den Vertrag. In Ihren Verträgen steht auch, dass wir Sie in diesem Fall leider ... umstimmen müssten." Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Sollten Sie an solchen Problemen leiden, melden Sie sich bitte bei einem unserer gut ausgebildeten Psychotherapeuten. In der restlichen Zeit auf der Erde stehen Ihnen sämtliche Vorzüge dieser Stadt zur Verfügung. Glücksspiel, Shows, privatere Bedürfnisse, ... Alles nach Ihren Wünschen. Sie werden bald für Jahre reisen, aber zu Ihrem Glück nichts davon mitbekommen.
Sehen Sie es einfach so: In einer Woche schon erleben Sie eine ganz neue Welt."